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Job Shadowing in Parma (Italien) – Oder auch: Anderes Land, ähnliche Probleme

14/02/2025

In unserer globalisierten Welt wird der Austausch zwischen Kulturen und Berufen immer wichtiger. Insbesondere als Englischlehrer erlebe ich in den letzten Jahren eine zunehmend ablehnende Haltung englischsprachiger Schulen gegenüber Austauschprogrammen und gemeinsamen Projekten. Umso wichtiger finde ich ein aktives Aufeinanderzugehen und ein offenes Interesse an unseren Nachbarländern. Eine besonders interessante Möglichkeit, diesen Austausch zu erleben, ist das Job Shadowing, das ich im Rahmen des Erasmusprogramms durchführen durfte. Diese Methode ermöglichte es mir, eine Woche lang Beobachter zu sein im italienischen Schulalltag und dabei nicht nur einen Einblick in die Arbeitsweise, sondern auch in die kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu gewinnen.

Ähnliche Probleme, ähnliche Versuche damit umzugehen

Während meines Job Shadowings in Parma hatte ich die Gelegenheit, mehrere Tage lang verschiedene Lehrerinnen und Lehrer am Liceo Classico e Linguistico Gian Domenico Romagnosi zu begleiten – der Schule mit dem vermutlich wohlklingendsten Namen der Welt. Während ich ihre täglichen Aufgaben und Herausforderungen beobachtete, fiel mir auf, dass viele der Schwierigkeiten, die sie haben, sehr ähnlich zu unseren sind. 
Digitalisierung „si claro“ – Ausstattung „negativo“.

In meiner ersten Englischstunde, die ich in Italien besuchte, begann die Kollegin mit einer Hörverstehensaufgabe, die über das Smartboard abgespielt werden sollte. Bezeichnenderweise funktionierte der Ton nicht und ich konnte mir ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen, wusste ich doch, wie oft ich diese Situation selbst schon erlebt hatte. Dann durfte ich aber nicht ohne eine gewisse Bewunderung beobachten, wie der schulinterne Techniker kam, den Ton zwar am Smartboard nicht unmittelbar zum Laufen brachte, aber innerhalb weniger Minuten zwei große Lautsprecher ins Zimmer trug, diese mit Laptop und Strom verband und die Hörverstehensaufgabe fortgesetzt werden konnte. Gedanklich sah ich mich auf der Suche nach Verbindungskabeln, Steckern, Boxen, Adaptern und Verlängerungskabeln durch unser Schulgebäude irren. In einer anderen Stunde sollten Tablets zum Einsatz kommen, jedoch war zunächst das Passwort nicht bekannt und später gab es Schwierigkeiten mit dem Internetzugang – welcome to my world! Mir wurden aber auch noch zwei Räume präsentiert, die gerade neu eingerichtet wurden mit neuester digitaler Technik. Ein Raum mit Greenscreen und Tonaufzeichnungsgeräten zum Produzieren von Podcasts und Videos und ein Multifunktionsraum ähnlich zu unserem Lernlabor, in dem flexible Sitzmöglichkeiten vorhanden sind, sowie digitale Präsentationstechnik und ein Klassensatz iPads. Insgesamt kam mir das doch alles sehr bekannt vor: der Wille ist da, der Weg noch steinig.

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Sportunterricht mitten in der Stadt

Als Sportlehrer durfte ich auch ein paar Stunden Sportunterricht miterleben und hier war ich froh, in Kerpen zu unterrichten. Die Turnhalle im Liceo ist sehr klein und reicht nicht für alle Klassen an einem Tag aus, so dass jedes Mal mit einem Bus zu verschiedenen Sporthallen der Universität Parma gefahren werden muss. Dies ist sehr zeitaufwändig und führt dazu, dass von einer Doppelstunde Sport rund 40 Minuten Busfahrzeit hin und zurück eingeplant werden müssen – damit bleibt mit Umziehen und sonstiger Organisation nicht mehr viel Zeit für Bewegung, Spaß und Spiel.

Fazit

Mein Job Shadowing in Parma hat mir nicht nur wertvolle Einblicke in die Arbeitswelt eines anderen Landes gegeben, sondern auch gezeigt, dass viele berufliche Sorgen und Herausforderungen universell sind. Die allgemeinen Herausforderungen im zunehmend digitalen Schulalltag, der Druck, den Lehrplan einzuhalten, ähnliche pädagogische Fragen, die uns beschäftigen und hin und wieder etwas wenig Unterstützung von staatlicher Seite, sind Themen, die über nationale Grenzen hinweg relevant sind.

Diese Erfahrung hat mir erneut verdeutlicht, wie wichtig der Austausch zwischen Kulturen ist, um voneinander zu lernen und gemeinsame Lösungen zu finden. Das Interesse der italienischen Kollegen und Schüler war groß und reichte von den typischen Fragen zu Fußballclubs, Essen und Hobbys aber auch weit darüber hinaus zu kritischen Vergleichen zwischen dem deutschen und italienischen Schulsystem bis hin zur fast schon philosophischen Frage, was Europa für uns bedeutet und ob wir Deutsche, Italiener und/oder Europäer sind.

Auch wenn die Rahmenbedingungen unterschiedlich sein mögen, stehen wir alle vor ähnlichen Herausforderungen im Schulalltag. Job Shadowing in Parma war nicht nur eine berufliche Bereicherung, sondern auch eine Erinnerung daran, dass wir in einer globalen Bildungsgemeinschaft leben, in der wir voneinander lernen können.

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