Pilgern
28/06/2024
Alles fing damit an, dass Frau Himpel uns im Unterricht nach ihrer Pilgertour in Frankreich vorschlug, doch für ein Wochenende pilgern zu gehen. Ich fand die Idee interessant, und sagte zu. Einige Wochen später stand dann der Termin fest: Das Wochenende vor unseren Berufspraktiken, zwei Wochen vor den Sommerferien. Einige Planung später, und wir standen vor dem Haupteingang des Gymnasiums, bereit für die fast 50 Kilometer lange Reise von der Kerpener St. Martinus-Kirche bis zum Dom in Aachen.
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Zu Beginn erhielt jeder von uns eine Jakobsmuschel, das Symbol des Jakobsweges, welche wir uns an die Rucksäcke mit unserem Proviant und unserer Kleidung banden, und einen Pass, in dem wir uns an verschiedenen Meilensteinen der Reise einen Stempel eintragen lassen konnten. Nachdem wir uns also den ersten Stempel in der St. Martinus-Kirche abholten, und wir uns mit einem Gebet mental auf die Reise vorbereitet hatten, ging es auch schon los. Wir pilgerten auf dem Jakobsweg, welcher durch kleine Muschel-Sticker mit gelben Pfeilen an Laternen, Wänden, Bäumen und teilweise sogar auf dem Boden gekennzeichnet war, welche manchmal sehr versteckt waren. Die Reise war also eine Art Schnitzeljagd, bei der man regelmäßig überprüfen musste, ob man denn noch auf dem richtigen Weg war. Zum Glück haben uns unsere Lehrerinnen aber immer auf den richtigen Weg zurückgewiesen, falls wir mal aus Versehen den falschen Weg nahmen. Zuerst führte uns der Weg aus Kerpen heraus nach Langenich. Bei dem Bauernhof wurden wir noch zufällig von unserer Deutsch-Lehrerin überrascht, welche uns noch ein paar Erdbeeren mit auf den Weg gab. Dann ging es an Ziegen, Rehen und Pferden vorbei bis nach Blatzheim, dort dann durch den Schlosspark und schließlich wieder aus Blatzheim hinaus. Bald wurde uns deutlich, dass der Pilgerweg jedoch nicht immer unter Bäumen, im Schatten und über gut begehbare Wege führte, denn auf der Etappe nach Golzheim war der Weg teils nicht mehr als ein paar überwucherte Traktorfurchen, und an einer Stelle mussten wir sogar durch einen Graben klettern. Zusätzlich kam nun auch noch die Sonne raus und es wurde warm, was den Weg auch nicht erleichterte. Wir ließen aber nicht locker, und schafften es bis nach Golzheim, wo wir an der Maria-Kapelle von unserer Auto-Begleitung mit Kuchen, Obst und Getränken überrascht wurden. Das wollte sich der Hahn aus dem nahen Hühnergehege wohl auch nicht entgehen lassen, und sprang über den Zaun und auf unseren Tisch zu. Nachdem er ein paar Trauben und sogar eine kleine Tomate gegessen hatte, verzog er such wieder, allerdings schaffte er es nicht mehr über den Zaun und musste vor dem Gehege ausharren. Pech gehabt.
Nach dieser Pause ging es auch gleich anstrengend weiter. Nachdem wir von einer netten alten Dame dem Golzheim-Stempel erhielten, ging es weiter nach Merzenich … über einem mehrere Kilometer langen, komplett in der Sonne gelegenen Asphaltweg. In den Moment begann die Psyche dann doch langsam einzugreifen (was man vor allem daran merkte, dass wir anfingen, wildes Zeug zu singen und zu reden). Nach etwa einer Stunde schafften wir es nach Merzenich, was uns alle sehr motivierte, da es von da aus nicht mehr weit bis zu unserem Tagesziel Düren war. Nachdem uns eine freundliche Küsterin den Stempel von Merzenich in unsere Pilgerpässe eintrug und uns eine kalte Cola spendierte, ging es weiter. Ab dann ging der Weg größtenteils durch bebautes Gebiet, und bald waren wir schon in der Dürener Innenstadt. Es war zwar kein leichtes, unter den hunderten von Aufklebern die Wegweiser für den Jakobsweg zu finden, aber immerhin war die Stimmung besser. Schliesslich kamen wir im Jugendzentrum der St. Anna-Kirche an. Nachdem wir unser Gepäck verstaut (also in die Turnhalle geworfen) hatten, nahmen wir alle eine sehr dringend benötigte Dusche, holten uns den Pilgerstempel, und aßen eine warme Mahlzeit. Nach Gesellschaftsspielen und ein wenig kicken ging ich recht früh ins Bett, und wurde morgens um 6 bereits durch Sonnenlicht geweckt. Alle anderen wachten spätestens um 8 auf als die St.Anna-Kirche ein minutenlanges Glockenkonzert von sich gab. Nach Packen und sauber machen stand der Weg zum Aachener Dom an. Da dieser an sich fast 40 Kilometer, und somit für einen Tag viel zu lang war, kürzten wir ihn etwas ab, indem wir mit der Bahn nach Stolberg fuhren. Das brachte uns zwar näher an Aachen heran, allerdings würden wir von Stolberg aus immer noch 10km bis nach Kornelimünster laufen, um wieder auf den Pilgerweg zu kommen, und dann noch weitere 12km, um dann nach Aachen zu kommen. Angesichts dessen waren wir alle am Anfang nicht sonderlich gesprächig. Nachdem die Deutsche Bahn uns tatsächlich pünktlich in Stolberg absetzte (Respekt!), ging es los. Schnell ließen wir dem Ort hinter uns und befanden uns im Wald. Dort waren überraschend viele Tümpel und Flüsse (welche wir alle als „Ilsebach“ bezeichneten), welche das ganze ziemlich anstrengend machten. Nachdem wir uns durch das Dickicht gekämpft hatten, hatte jeder von uns Wasser im Schuh gehabt, und auch mindestens einen Mückenstich. Als nächstes ging es weiter über Felder, und wegen der prallen Sonne waren wir alle wieder nicht besonders gesprächig. Schließlich entschieden wir uns, den restlichen Weg bis zur Stadt im Schweigen zu gehen. Nach etwa 4 anstrengenden Kilometern erreichten wir die Kirche von Kornelimünster, wo wir unseren nächsten Stempel erhielten, wobei wir und reichlich Zeit ließen, denn in der Kirche war es angenehm kühl.
Nach einem Eis von Eismann machten wir uns auf den Weg zu unserem finalen Ziel; dem Aachener Dom. Der Weg führte dann jedoch größtenteils durch bewaldetes Gebiet, und wir kamen an mehreren Tieren vorbei, u.a. Kühen und Pferden. An einer kleinen Kapelle auf dem Weg erhielten wir einen weiteren Stempel, und bald erreichten wir die ersten Vororte. Von da an pilgerten wir durch Hitfeld, den Aachener Wald imd schliesslich in die Aachener Innenstadt. Ähnlich wie in Düren war es in Aachen recht schwer, den Pilgerweg noch zu erkennen, da überall irgendwelche Sticker klebten. Bevor wir zum Dom kamen, stempelte uns der Pfarrer der St.Michael-Kirche in Aachen noch einen Stempel ins Heft, und dann war es nur noch etwa 1 Kilometer, und auch wenn wir alle sehr erschöpft waren, schleppten wir uns noch bis in den Dom, wo wir schon von unserer Begleitung und einem Pfarrer erwartet wurden. Uns wurde zur abgeschlossenen Reise gratuliert, und wir bekamen unseren letzten Stempel, den Dom-Stempel, ins Heft. Danach wollten wir alle nur noch nach Hause, und mussten dann allerdings noch einmal etwa 2 Kilometer zum Hbf laufen. In dem Moment kam mir die Aachener Innenstadt wirklich wie ein kleines Gebirge vor, da jede Strasse auf und ab ging.
Trotz der Anstrengungen fand ich die Fahrt eine schöne Erfahrung und auch entspannend. Man musste sich mal nicht um all die Alltagssorgen, wie z.B. das anstehende Praktikum (in dem ich zum Glück nicht allzuviel laufen musste), Arbeiten oder die Oberstufe kümmern, sondern die eigentliche Herausforderung war der Weg. (sagt man deshalb: „Der Weg ist das Ziel“? Keine Ahnung). Ich habe beim Pilgern auch viel neues von der Region gesehen, und natürlich auch meine Mitpilgerer etwas besser kennengelernt. Ob ich es direkt nochmal machen würde, schaue ich mal. Vielleicht muss es nächstes Mal nicht unbedingt Mitte Juni sein. April wär doch schön …